André Klaus hat es geschafft!

Der 30-Jährige mit einer Behinderung arbeitet jetzt fest im Team der Bochumer Herzog-Quelle.

22.10.2019

André Klaus greift nach der falschen leere Sprudelflasche und tauscht sie mit einer fließenden Handbewegung aus. Abgefüllt werden gerade nur die grünen Flaschen, da hat eine weiße nichts im Getränkekasten zu suchen. Die Flaschensortierung der Bochumer Herzog-Quelle ist der Arbeitsplatz von André Klaus. Hier ist der 30-Jährige in seinem Element: Schon hat er die nächste weiße Flaschen gegen eine aus Grünglas getauscht. Inzwischen Routine für André Klaus.

Allerdings ist es alles andere als selbstverständlich, dass der Bochumer dort im Produktionsbereich der Herzog-Quelle am Förderband steht. „Ich habe eine Behinderung“, erzählt er. Deshalb arbeitete der junge Bochumer seit dem Jahr 2008 in der Werkstatt Constantin. Denn er gehört zu der Gruppe Menschen, die einen erhöhten Förderbedarf haben. Sie benötigen mehr Unterstützung als andere. Nur wenige von ihnen schaffen es derzeit auf den ersten, den regulären Arbeitsmarkt. André Klaus ist einer von ihnen. Und er ist zu Recht stolz darauf, es geschafft zu haben.

Vor rund zweieinhalb Jahren kam für André Klaus die große Chance „Außenarbeitsplatz“: André Klaus durfte bei der Herzog-Quelle ein Langzeitpraktikum starten. „Zunächst waren wir schon etwas skeptisch, ob das alles klappt“, sagt Olaf Kersten rückblickend. Nicht, weil es André Klaus war. Sondern vielmehr, weil die Herzog-Quelle mehrfach Erfahrungen mit Menschen gesammelt hat, die ein Handicap haben. Die Zusammenarbeit sei, so Olaf Kersten, nicht immer ganz so einfach.

Gerade macht der stellvertretende Betriebsleiter seine Runde durch die Produktionshalle und kommt auch an der Flaschensortierung vorbei. André Klaus sieht ihn und signalisiert mit dem hochgestreckten Daumen: Bei mir ist alles okay. Ein zufriedenes Lächeln huscht über das Gesicht von Olaf Kersten. Sein Team von der Herzog-Quelle hat alles richtig gemacht und einen „tollen, zuverlässigen Mitarbeiter gefunden“.

Bis dieser Punkt erreicht war, hat es allerdings schon eine Weile gedauert. „Für solche Projekte braucht man Zeit“, erklärt Olaf Kersten. Ein kurzes Praktikum von wenigen Wochen sei definitiv der falsche Weg. „Es dauert halt, bis beide Seiten erkennen, ob und wie es miteinander klappt.“ Nach gut einem Jahr in der Herzog-Quelle hat André Klaus im März dieses Jahres dann die Initiative übernommen: „Ich fühle mich wohl hier. Ich möchte nicht mehr weg“, schrieb er per Whatsapp an Olaf Kersten.

Das war die Initialzündung. „Ich helfe dir. Wir finden einen Weg“, war die spontane Antwort des stellvertretenden Betriebsleiters inklusive zwei Daumen hoch-Emojis. Reinhard Joswig kam ins Spiel: „Ich habe André Klaus näher kennengelernt, einen Bericht über ihn und seine Arbeit hier im Unternehmen erstellt“, so der Mitarbeiter vom Integrationsfachdienst. Er und seine Kollegen von der Diakonie Ruhr unterstützten André Klaus und Olaf Kersten in den kommenden Wochen bei ihrem Vorhaben „Fester Arbeitsplatz bei der Herzog-Quelle“.

Jetzt war es dann soweit. André Klaus ist auf dem ersten Arbeitsmarkt angekommen. „Ich bin so glücklich“, freut er sich. „Ich habe sympathische Chefs und tolle Kollegen. Alle respektieren mich, wie ich bin.“ Das gibt ihm das Gefühl, einer von ihnen zu sein. Einer aus der Herzog-Quelle-Familie. „Und, wenn ich mal etwas wegen meiner Einschränkung nicht kann, dann unterstützen mich die anderen immer“, ergänzt André Klaus und nimmt sich den nächsten Sprudelkasten vor. Wieder eine falsche Flasche drin. Wieder tauscht der 30-Jährige sie im Nu.

In der Herzog-Quelle-Familie ist André Klaus übrigens schon der Dritte aus der Werkstatt Constantin, der in den letzten sechs Jahren den für ihn großen Schritt in den ersten Arbeitsmarkt geschafft hat. „Das Bochumer Familienunternehmen ist damit ein echtes Paradebeispiel für gelungene Integration“, sagt Reinhard Joswig. Die Zahl der Menschen, die wie André Klaus eine Chance erhalten, sei leider immer noch vergleichsweise sehr gering.

„Wir können hier zum Beispiel auch nicht jeden einstellen“, gibt Olaf Kersten zu bedenken. Schließlich gehen von den Maschinen und Gabelstaplern mitunter erhebliche Gefahren aus. Die müssten die Mitarbeitenden einschätzen und mit ihnen umgehen können. Wenn es aber wie im Fall von André Klaus passt, dann will man in der Herzog-Quelle Menschen eine Chance geben. Dank der monatlichen Lohnzuschüsse durch den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) könne der höhere Betreuungsaufwand und die durchaus an manchen Stellen langsamere Arbeit kompensiert werden.

Übergangsmanagement: Von der Werkstatt in den allgemeinen Arbeitsmarkt

Der Integrationsfachdienst IFD arbeitet im Auftrag des LWL-Inklusionamtes Arbeit: Er unterstützt Beschäftigte mit einer Behinderung, wenn diese den Sprung aus der Werkstatt in den allgemeinen Arbeitsmarkt versuchen wollen. Zur Vorbereitung werden sogenannte Erprobungspraktika durchgeführt. Die Integration in ein Arbeitsverhältnis wird gemeinsam intensiv vorbereitet und begleitet. Der IFD arbeitet dabei eng mit den anerkannten Werkstätten für Menschen mit einer Behinderung in Bochum und Herne zusammen. Der IFD berät und unterstützt Arbeitgebende, die einen Menschen mit einer schweren Behinderung anstellen beziehungsweise angestellt haben – auch nach der Vermittlung. Diese Tätigkeit ist für die Menschen mit einer Behinderung und Arbeitgebenden kostenlos.

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